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Montag, 17. November 2008

Der Konflikt der eigenen Leistung - wahrloser Gedankenkosmos

Mal Shitz zum Nachdenken, fand ich ganz interessant, lean back:

Ignatz von Irrleben: Der Konflikt der eigenen Leistung - wahrloser Gedankenkosmos

Jeder Mensch muss Leistung bringen. Aus persönlichen Motiven genauso wie durch den Druck der Gesellschaft. Entzieht man sich dem Druck der Gesellschaft, entzieht man sich der Gesellschaft. Entzieht man sich seinem persönlichen Druck, stoppt die eigene Entwicklung.

Der vorherrschende Leistungsdruck ist eines der bestimmenden Merkmale der heutigen Welt. Dies kann zu fast schon abartigen Selbstentfremdungen Einzelner führen. Ein Leben bestimmt von Leistung ist ein fremdgesteuertes Leben. Heißt Leistung bringen die Erwartungen Anderer zu Erfüllen? Sind die eigenen Erwartungen nicht vielleicht doch die der Anderen? Woher weißt du, welche deine Erwartungen an dich selbst sind?

Es ist kaum möglich innezuhalten und die persönlichen Erwartungen zu ergründen. Doch nur so kann man Leistung bringen, die einen selbst erfüllt. Oder ist die Selbsterfüllung das viel später eintretende Resultat einer erbrachten Leistung? Vielleicht ist die Selbsterfüllung das weit entfernte Ziel eines langen Weges voller Selbstaufopferung, innerer Konflikte, Disziplin.

Sowieso Disziplin. Disziplin ist Prämisse für Leistung über einen längeren Zeitraum. Ohne Disziplin kann keine Leistung als solche bezeichnet werden. Ohne Disziplin verkommt Erreichtes zu Momentaufnahmen.

Die Frage bleibt, nach den Motiven für Leistung. Leistung im Sinne der Gesellschaft zu erbringen kann erfüllend und bestätigend sein. Für einen bestimmten Zeitraum. Persönliche Leistung womöglich Lebenslang. Jedoch ist hier der Einsatz höher, persönliche Erwartugen nicht zu Erfüllen bringt ein Höchstmaß an persönlichem Leiden mit sich. Daraus folgt, dass ein Großteil der Menschen nur Leistung im Sinne der Gesellschaft erbringt. Aus Gründen des Selbstschutzes und der schneller eintretenden Bestätigung. Echte persönliche Erwartungen werden bewusst niedrig gehalten um weitgehend unverletzt zu bleiben. Maximale Leistung kann aber letztlich nur über maximale persönliche Erwartungen erzielt werden. Das heißt alles oder nichts, volles Risiko. Die Alternative sind leidige Kompromisse. Die mögen außerlich erfolgreich wirken, trotzdem müssen hier Zugeständnisse vollzogen werden.

Die endgültige Erfüllung kann nur durch das Verwirklichen echter persönlicher Ziele erfolgen. Die müssen gefunden werden. Das braucht viel Zeit und Konzentration.

...also wann???


Einen schönen Start in die Woche! Und checkt I Do It For Hip Hop von Ludacris, Nas & Jay-Z im emilophon!

-heiligeremilius


Donnerstag, 13. November 2008

Kanye West - 808's & Heartbreak - Flash oder Trash? [PreListening+Artikel]

Kanye West's neues Album 808's & Heartbreak ist wohl schon vor Veröffentlichung das am kontroversesten aufgenommene Album der HipHop-Szene. Der neue Style -durchgängiges Singen mit Autotune- wird entweder als der neueste Geniestreich von Trendsetter Kanye West gefeiert, oder als billiger Trash gewertet. Kann Mr. West tatsächlich alles machen und wird von seinen Anhängern blind gefeiert? Schon die erste Single Love Lockdown hätte die Szene nicht mehr schocken können: Kanye West singt tatsächlich. Mit Autotune und poppiger Melodie. Trotzdem steckt da mehr dahinter. Schon hier ließ sich ein komplett neuer Sound erkennen. Der Gesang wird nicht einfach mit Autotune eingesungen, vielmehr wird er mit weiteren Effekten bearbeitet - bis ein völlig eigener Sound entsteht. Die instrumentale Unterlegung wartet mit einem futuristischen Sound auf: blechige Drums, abgespacete Synthie-Effekte, ein bisschen Autoscooter 2.0. Ein Großteil der Tracks wurde inzwischen teils offizielle, teils inoffiziell geleakt, so dass man sich einen ziemlich guten Überblich über das Album machen kann. Es folgt ein emilophon-Spezial mit einem Pre-Listening des neuen Albums von Kanye West 808's & Hearbreak:

 

Nun gehört Gossip aus dem Privatleben der Musiker zu den ziemlich uninteressantesten Themen mit denen man sich beschäftigen kann, bei diesem Album sind einige Erlebnisse für das Verständniss der Entstehung jedoch wichtig zu wissen. Im letzten Jahr musste Kanye West mit dem Tod seiner Mutter und der Trennung von seiner Verlobten zwei schwere Schicksalsschläge verkraften. Deshalb entschloss er sich kurzerhand dieses Album aufzunehmen und sofort zu releasen, obwohl das nächste Album ursprünglich erst für 2009 angekündigt war. Dieses Album wird 2009 immernoch erscheinen, 808's & Heartbreak ist somit eher als Konzeptalbum zu verstehen. Und genau das macht den besonderen Reiz aus. Man hört, dass sich innerhalb kürzester Zeit ein musikalisches Konzept durchgesetzt hat und konsequent durchgezogen wurde. Eine musikalische Momentaufnahme eines Geisteszustandes zwischen Wut, Verzweiflung, Resignation und neuer Hoffnung. Dieses Album kann nur so klingen, denn hier handelt es sich um Selbsttherapie zum mithören für jedermann. Selten habe Ich Emotionen so ehrlich und roh musikalisch umgesetzt gehört. Trotzdem ist der Sound nicht depressiv und so kann das Album auch frei von jeglichen emotionalen Einbrüchen genossen werden. Auch die zwei Features von Young Jeezy und Lil' Wayne passen wunderbar. Gerade der Lil' Wayne-Teil wird wieder für gespaltene Meinungen sorgen, für mich bringt er die Emotionen aber perfekt rüber. Genau so passt auch Young Jeezy's Part perfekt auf das sowieso grandiose Amazing.

Und genau aus diesen Gründen hat dieses Album das Potential auch außerhalb der HipHop-Welt viele Hörer zu finden. Ich unterstelle Kanye West einfach, dass es sich hierbei nicht um geschäftsmännisches Kalkül handelt, sondern ein absolut ehrliches Album ist. Es könnte sich hierbei um den endgültigen Durchbruch von Kanye West als etablierten Star in der Musikszene handeln. Falls es doch geplant ist, hat er es zumindest verdammt gut umgesetzt. Also nicht haten, sondern anhören! Meinungen in die Kommentare!

- heiligeremilius

Mehr:
Kanye West - Love Lockdown [Video]
Kanye West - Heartless
[Video]
Kanye West - 808's & Heartbreak [Cover+Tracklist]

Samstag, 8. November 2008

Deutscher Rap ab in den Club!

Deutscher Rap im Club? Diese Bastion wurde noch nicht gestürzt. Und während HipHop/RnB in den Staaten die Club-Musik ist, findet man hier höchstens inzwischen unerträgliche Dauerbrenner wie Reimemonster, Jein oder Party Safari. Ich fordere ein Disco-Verbot für Fettes Brot, Die Fantastischen Vier und Blumentopf von vor 2004! Ach was, für deutschen Rap von vor 2004. Natürlich gibts da viele Hits, aber wer zu Füchse tatsächlich tanzen kann ist entweder betrunken oder hängengeblieben. Wahrscheinlich beides. Ich gebe zu, auch Ich hab zu solchen Liedern schon gefeiert, zum wirklichen Tanzen aber, sind sie vollkommen untauglich.

Fehlt den Deutschen also tatsächlich der Style? Alle Club-Songs deutscher Rapper klingen nach billigen Ami-Kopien, ohne eigenen Einfluss. Erfolgreich wird deutsche Musik erst, wenn sie sich vom HipHop abwendet wie Jan Delay, Seeed oder jüngst Culcha Candela. Man kann von davon halten was man will, aber es ist tanzbar unnd im weitesten Sinne wohl in die deutsche HipHop-Szene einzuordnen. Olli Banjo meinte kürzlich in einem Interview, dass die Schuld bei den DJ's liegt, die sich einfach trauen müssten deutschen Rap öfter zu spielen. Damit hat er zwar teilweise Recht, aber kennt Ihr einen Olli Banjo-Song der clubtauglich ist?
Oder von anderen Künstlern? Gib dem Affen Zucker von Prinz Pi z.B. bewegt Live einiges, passt aber trotzdem nicht in den Club. KIZ funktioniert nur eingeschränkt, da zu explizit. Denkt man in der Musikgeschichte zurück ist die erfolgreichste Deutsche Musikrichtung neben dem Schlager wohl der gute alte Techno. Eine deutsche Erfindung die die ganze Welt erorbert hat. Elektronische Musik ist der ganz heiße Scheiß zurzeit und das hat auch die HipHop-Szene erkannt. Deutscher Rap mit Elektro-Einflüssen taucht auf einmal an allen Ecken und Enden auf. Das klingt teilweise gut, teilweise schlecht. Und wer hats erfunden? Richtig, Frauenarzt. Der macht das schon seit Jahren, ziemlich erfolgreich mit einer eingeschworenen Fanbase. Hat er also das Potential deutschen Rap in die Clubs zu bringen? Die zwei letzten Singles kommen bei jeder betrunkenen Crowd garantiert gut an. Einfacher Text+Hook zum mitgrölen und eingängige Beats. Hat irgendwie Ballermann-Flavour das ganze.



Vergleicht man das jetzt mit einem typischen amerikanischen Club-Hit, wie z.B. In Da Club zeigen sich gewisse Parallelen. Einfacher Text+Hook, eingängiger Beat. Bloß der Ballermann-Flavour fehlt. Und genau das ist der Unterschied, das ist der deutsche Style. Ich glaube deutscher Rap für den Club wird sich immer so anhören. Die Leute stehn auf sowas, siehe Karneval, Apres-Ski, Bierzelt. Vielleicht muss man diesen Style zelebrieren und weiter entwickeln, sozusagen mit Stolz verfolgen. So wie die Amis ihren Style, die Briten den ihren usw. Jetzt müssen sich nurnoch die DJ's trauen so etwas zu spielen und zu supporten. Wo wir wieder bei Olli Banjo wären. Den würde ich übrigends gerne mal auf einem Frauenarzt-Song/Beat hören, wäre sicherlich interessant. Und vielleicht der nächste Level für den Club. In diesem Sinne, party on...


- heiligeremilius

PS: Checkt den neuen Jay-Z Song im emilophon!

Donnerstag, 6. November 2008

Heiligeremilius.de wird werbefrei!

Heiligeremilius.de wird werbefrei! Gestresst von den Layer-Ads? Ab jetzt gibt es qualitatives Blogging wieder ohne nervige Einblendungen. Exklusiv nur unter der .de-Domain www.heiligeremilius.de!


-heiligeremilius

" Feige Konformisten seid Ihr. Langweiler." - Meinung zum Text "Eine Rede an die Abiturienten des Jahrgangs 2004"

     

Vorbemerkung:
      Als besondere Auszeichnung und als Anerkennung ihrer herausragenden Leistungen ehrte Kultusminister Jürgen Schreier am 30.06.2004 die besten Abiturienten des Saarlandes. Bestandteil der Feierstunde war auch die vor fünf Jahren wieder eingeführte Abiturrede durch einen bedeutenden Schriftsteller. In diesem Jahr hielt die Rede, von der hier nur Auszüge vorliegen, der mit etlichen Literaturpreisen ausgezeichnete österreichische Autor Raoul Schrott.

     

Raoul Schrott
      Eine Rede an die Abiturienten des Jahrgangs 2004

     

Liebe Abiturienten, viel halte ich nicht von Euch. Und beneide Euch auch nicht. Wenn ich nach einem Schlagwort suchen müßte, um Eure Generation auf einen Nenner zu bringen, würde ich Euch Konformisten schimpfen. Ein paar Jahre älter, und ich sehe Euch scon vollkommen eingegliedert in diese neue Gesellschaftsschict, die einem überall in den deutschen Fußgängerzonen begegnet: Gel im Haar, Sonnenbrillen auch im Winter, ledrig braun vom wöchentlichen Solarium, Silikonsäcke in der Brust der Frauen, die Männer hart am Waschbrettbauch arbeitend, aber allesamt geistige Bügelbretter. Metrosexuelle in der Nachfolge von in die Jahre gekommenen Yuppies und Singles, androgyn zwischen Anämie und Bulimie, nur den Job im Kopf, den nächen all-inclusive-Urlaub, Ameriak als Traumziel, kulturell zwischen Hollywood und Viva, Schamrasur und PayTV als Kick, Naturschutz als Konfessionsbekenntnis und die politische Haltung von reinen Konsumenten. [...]

     

Nichts Schlimmeres gibt es für Euch als Langeweile. Und nicht Tabuisierteres als das, was in die Tiefe geht: Tod; Gewalt; Gefühle, sobald sie pathetisch werden; sogar Humor, wenn er abgründig wird. Statt dessen habt Ihr einen untrüglichen Sinn für das entwickelt, was zeitgeistig ist. Welche Themen diskutierbar, welche Vokabeln zulässig sind und welche nicht. Damit aber habt Ihr auch Eure freiwillige Unmündigkeit erklärt. Wenn ich Euch reden höre, ist das, worüber Ihr euch definiert Kleidung und Musik.
        Bei meiner Generation war es ebenso, nur mit dem Unterschied, daß wir uns noch nicht über Industriemarken mit einem Rollenbild identifizierten. Und die Musik für uns wneigstens noch den Anstrich von Verbotenem und Subversivem an sich hatte, mit Texten, die sich am Kritischen und am Poetischen maßen. Musik und Kleidung boten uns Identifikationsmöglichkeiten für etwas, das erst im Entstehen begriffen war, mit dem man sich erst auseinandersetzen mußte, sie waren Träger einer Aufbruchsstimmung, die in den sechziger Jahren begann und in den Achtzigern scheiterte. Statt Woodstock habt Ihr jetzt eine Love Parade als registered Trademark für das Abtanzen in ein besinnungsloses Nirwana; statt Punk Pink. Auf die eigene Fahne schreiben kann und will ich dies nicht, um so weniger als jene Epoche jetzt nur mehr als nostalgische Randerscheinung eines noch nie dagewesenen Industrialisierungsschubes aufleuchtet. Und Ihr könnt nicht dafür, daß alles, was danach kam, nur mehr vermarktet wurde. Sich selbst ähnlich und sich selbst nach vorgegebenen Formeln reproduzierend, hört und sieht es sich nun überall gleich an, in Japan, Amerika oder hier:
        Das Konzept der Globalisierung mißt sich ja daran, daß Coca Cola und ein Hamburger überall gleich schmecken. Kein Wunder also, daß auch Ihr ausseht wie geklont.
      Man begreift sich ja meist erst über die anderen. In diesem Rollenspiel, das die Jugend ist, diesem Ausprobieren von Posen und Possen, erkennt man sich auch im Spiegel der anderen. Umgeben von Masken aber, die wie Latex sitzen, mit denselben vom Video einstudierten Gesten und den überall gleichen Floskeln, entzieht sich Euch die eigene Person im gleichen Maß, wie Euch unter diesen Gummigesichtern das Individuelle der anderen verborgen bleiben muß. Was sich als wahres Ich darunter zeigt, nimmt man da natürlich zuerst [...] als Blöße wahr. Die dann, in einem perfekt inszenierten Gesellschaftsspiel, das sich über Konsumentenschicht und Quote klar definiert, wieder weiter vermarktet wird. Woher rührt sonst diese Faszination für Realiyshows für jedes Lebensalter? Von der Lindenstraße für die älteren Semester bis zu Big Brother bieten sie ja nur eine Überwachungskamer auf das banal Alltägliche; um so etwas interessant zu finden, muß man schon eine Topfpflanze sein - oder eben vollkommen im Ungewissen über die eigene Natur. Dann ist es der Charakter des soziologischen Experiments mit seinen gruppendynamischen Versuchsanordnungen, die interessiern, weil sie Einblick schenken in das, was andere tun, denken, sagen, sobald sie ihre Masken ablegen. Wo sonst mag etwa für Euch die Faszination eines so erbämlichen Spektakels wie DeutschlandSuchtDenSuperstar liegen? Im Wunsch wahrscheinlich, im Mittelpunkt aller Aufmersamkeit zu stehen und beklatscht zu werden. Nicht aus Narzißmus, sondern eher aus einem am Virtuellen und Gleichmacherischen aller Realitäten verzweifelnden Exhibitionismus: Um endlich allen zu zeigen, schaut her, das bin ich, so bin ich, Ich. Und dabei doch nur wieder das Stereotype zu finden: kultuerelle Flächenwirkung statt Selbstverwirklichung. [...]

     

Ja, ich beneide Euch nicht. Und wenn ich wenig von Euch halte, dann weil Ihr keinen Gebrauch macht vom Vorrecht der Jugend, alles in Frage zu stellen. Es zu müssen, weil man bei diesem Erwachsenwerden doch alles beinahe zwangsläufig hinterfragt, bevor man es sich zu eigen macht, erst in der Konfrontation mit den Dingen zu sich findet. Denn jede Generation erfindet sich ihre Welt von neuem. Wo aber ist Euer Sturm und Drang? Wo das Bilderstürmende und Denkmalstürzende? Wo das Anarchische und Idealistische der Pubertät? Feige Konformisten seid Ihr. Langweiler. Nein, es geht nicht darum, Revolutionen anzuzetteln, obwohl das eine gute Übung wäre. Sondern um das, was die Franzosen état d'esprit¹ nennen. Bei euch müßte man ihn umdrehen: Ihr habt nicht als einen esprit d'Etat². Staatsbürgerlich verbeamtete Gesinnungen statt einer individuellen Geisteshaltung. [...]



Dieser Text wurde in dieser gekürzten Fassung entweder im Fachabitur oder im Allgemeinen Abitur der FOS/BOS in Bayern in einem der letzten Jahre behandelt.

Ich halte diese Rede für sehr lesenswert, da sie einen direkten Vorwurf an unsere Generation darstellt. Zwar ist die Rede an Abiturienten gerichtet, trotzdem glaube ich, dass Raoul Schrott diese Aussagen auch auf die allgemeine Jugend beziehen würde.

Der erste Gedanke der mir kam, fühle ich mich angesprochen? Bin Ich auch Teil dieser Generation oder bin vielleicht
Ich die Ausnahme der Regel. Diese Frage sollte wohl jeder für sich selbst beantworten, der Gedanke ist aber interessant für jeden. Suchen wir tatsächlich die ständige Beschäftigung ohne in der Lage zu sein, eine Pause einzulegen, Platz für Gefühle zu lassen? Ich glaube schon, jedoch handelt es sich hier wohl nicht um ein Problem der Jugend, sondern der Gesellschaft als solche. Emotionen und Gefühle dürfen sich nur in standardisierten Grenzen bewegen und werden auch so ausgelebt, wer aus diesem Schema ausbricht wird nicht verstanden.

Definiert sich die heutige Jugend über Kleidung und Musik? Gerade bei der Mode ist diese Entwicklung zu beobachten. Dies führt zu einer fast schon ätzenden Oberflächlichkeit was den Umgang untereinander betrifft. Trotz allem ist es für eine Jugendkultur wichtig sich über Musik und Kleidung zu definieren, gerade um sich aus dem Konformismus der Gesellschaft zu lösen. Doch gerade die Mode wurde von der Industrie dermaßen vereinnahmt, dass es kaum noch möglich scheint eine Einstellung über die Kleidung zu repräsentieren. Jede modische Neuorientierung wird von der Modeindustrie absorbiert und gnadenlos vermarktet, bis zur Farce seiner selbst. Ob die alleinige Schuld an dieser Entwicklung die heutigen Generation trifft, ist zu bezweifeln.
Bei der Musik muss man der Rede jedoch widersprechen. Sind wir wirklich eine Generation die Musik feiert, "[...]zum Abtanzen in ein besinnungsloses Nirwana"? Teilweise wohl schon, anders sind Hits wie 3 Tage Wach und Konsorten wohl nicht zu erklären. Jedoch sind die angesprochenen Texte von früher, "[...]die sich am Kritischen und am Poetischen maßen" durchaus vorhanden. Gerade die HipHop-Kultur ist meiner Meinung nach DIE zeitgenössischen Lyrik. Wer sich auch nur oberflächlich mit Rap beschäftigt stößt sofort auf sozialkritische, visionäre, anprangernde und emotionale Texte und Lieder. Künstler wie Curse, Nas, Common sind hier nur die offensichtlichsten Beispiele. Dies gilt im übrigen nicht nur für Rap, auch in anderen Musikrichtungen findet man derartige Ansätze. Tatsächlich hat Rap sogar noch größeres Potential als frühere Musikrichtungen, Botschaften zu vermitteln und Träger einer Aufbruchsstimmung zu sein. Dass diese qualitative Musik nicht die Aufmerksamkeit der breiten Masse findet ist wohl das eigentliche Problem dieser Generation.

Und genau hier schließt sich der Kreis. Jeder, der sich über die öffentlich anerkannten Grenzen
hinaus bewegt und versucht an der Oberfläche zu kratzen (hier mit der Musik) wird automatisch ausgegrenzt. Das ist keine bewusste Reaktion, sondern für mich eher das Zeichen einer unbewussten Angst dieser Generation die emotionale Starre dieser Zeit aufzubrechen. Genau das ist auch der Grund, warum sich Menschen in das Fernsehen und seine schwachsinnigen Formate bzw. das Internet flüchten. (Dieser Satz ist durchaus auch als Selbstkritik zu verstehen). Wer traut sich heutzutage noch Flugblätter zu drucken und diese in der Stadt zu verteilen? Wer engagiert sich noch politisch oder für die Gesellschaft? Gibt es überhaupt noch ein allgemeines Interesse am täglichen Geschehen, außerhalb des eigenen Horizonts? Jede Generation trägt das Potential, neue Ideen zu verwirklichen. Die heutige ist einfach nur betäubt. Und das ist das eigentliche Problem.

-heiligeremilius

Jay-Z Mixtape "Viva La Hova" (Coldplay Mash-Up) [Stream][Download]

Dass Coldplay-Frontmann Chris Martin sich auch in der gefährlichen HipHop-Welt wohlfühlt weiß man spätestens seit dem grandiosen Homecoming. Auch die erste Zusammenarbeit mit Jay-Z Beach Chair ist wie sein Sound - monumental. Eindeutig das Highlight auf dem oft verrissenen Album Kingdom Come.

  

Vor kurzem tauchte dann Jay-Z auf dem Remix der neuen Coldplay-Single Lost mit einem Part auf (findest du im emilophon) und spätestens jetzt war klar: Die Chemie stimmt. Das dachte sich wohl auch Mick Boogie, seineszeichen Mixtape-DJ aus der USA. Er ist verantwortlich für das Mash-Up Mixtape Viva La Hova. Normalerweise bin ich kein Freund von so genannten Blends oder Mash-Ups, bei denen bereits vorhandene Parts mit neuer Musik unterlegt werden. Passt für mich oft einfach nicht, weil es ja meistens auch nicht beabsichtigt ist. (Collision Course von Jay-Z und Linkin Park konnte mich dafür größtenteils überzeugen, da man einfach hörte, dass mit viel Liebe zum Detail und Arbeit versucht wurde neue Songs zu kreieren.) Viva La Hova hat mich jedoch sofort überzeugt, die Jigga-Parts passen größtenteils perfekt auf die wunderschönen Coldplay-Instrumentals. Die Raps stehen im Vordergrund, so werden die Gesangsparts von Chris Martin sparsam eingesetzt und teilweise mit Effekten verzerrt. So ergibt sich ein vollkommen harmonisches Soundbild, dass viele Parts von Jay-Z in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt. Unbedingte Hörempfehlung!


Das emilophon! - heiligeremilius.de goes Web 2.0

Soo, jetzt müsste jeder Blog das neue Bushido-Video gepostet haben. Zeit für spannenderes! Heiligeremilius.de geht weiter Web 2.0 und verschläft keinen Trend. Der ein oder andere aufmerksame Blogbesucher hat sicherlich schon den Musikplayer in der rechten Leiste bemerkt. Hierbei handelt es sich um das emilophon, welches euch ab jetzt dauerhaft mit der besten aktuellen Musik verwöhnen wird.





Der Vorteil liegt auf der Hand, es muss nicht für jeden halbrelevanten Track ein neuer Blogpost geschrieben werden, die neuen Stücke werden vorwiegend kommentarlos geadded. Manchmal werde ich auf besondere Leckerbissen natürlich gesondert hinweisen. So wie jetzt auf die neue Mos Def Single, die wirklich empfehlenswert ist. Es lohnt sich also das emilophon öfter auf neue Musik zu checken und so auf dem neuesten Stand zu bleiben. Natürlich ist das erst der Anfang, weitere Anwendungsmöglichkeiten wie Newcomer-Tracks, Themenplaylisten, Votingsysteme werden durchdacht und eventuell umgesetzt. Bis dahin könnt Ihr eure Songvorschläge in den Kommentaren posten. In diesem Sinne viel Spaß mit dem emilophon - enjoy good music!

PS: Checkt das neue TI-Video, richtig gut! Außerdem das Ace Hood-Video, Ich komm zwar immernoch nicht so klar auf ihn, aber das Staraufgebot im Video kann sich sehen lassen. Und bei Juelz Santana scheint ja langsam aber sicher auch wieder was zu gehen.

- heiligeremilius

Bewahrt Kool Savas die deutsche HipHop-Szene vor dem Untergang? [Teil 3/3]

Die deutsche HipHop-Szene fragt sich ob deutscher Rap am Ende ist. Ausschlaggebender Auslöser war wohl die Mitteilung von eurem besten Freund Essah aka Kool Savas, sein Label Optik Records nach Release des Albums John Bello Story II zu schließen. In dieser dreiteiligen Serie beschäftigen wir uns mit den Releases von Prinz Pi, Marsimoto und eben Kool Savas und überprüfen anhand dieser ob die aktuelle Schwarzmalerei gerechtfertigt ist. Neopunk und Zu Zweit Allein haben sich hierbei schon als hochwertige Alben herausgestellt, bleibt nur noch der King Of Rap Kool Savas.

Die John Bello Story ist das erfolgreichtste deutsche Mixtape aller Zeiten und auch der zweite Teil war vorerst als Mixtape geplant. Die Songs haben sich aber als so gut herausgestellt, dass man sich entschied das Release als Album zu veröffentlichen. Trotz allem ist der ursprüngliche Mixtape-Ansatz noch erkennbar, so findet man kein Solotrack von Kool Savas. Das Gesamtprodukt mutet also eher als eine Compilation an, welche noch ein letztes Mal die gesamte Bandbreite des aktuellen Optik-Umfeldes darstellen soll.

Um das Produkt zu vermarkte wurde noch mal tief in die Trickkiste gegriffen, kein Medium wurde ausgelassen. Unüberschaubar viele Interviews mit Kool Savas sind auf jedem relevanten HipHop-Magazin zu finden. Das Release des ersten Videos Krone stellte mal - wie erwartet - kurz die gesamte Blogossphäre auf den Kopf. Genau so bei den ca. einminütigen Trackvorstellungen auf Myvideo.de wurden konsequent gebloggt und schöpften ihren Promoeffekt so voll aus. Aufmerksamkeit hat auch der aktuelle Kool Savas - Fanblog auf sich gezogen, der mit professionellen Kurzclips eine völlig neue Art der Promotion angeht. Nicht vollends durchschaubar und gerade deshalb so interessant. Groß angekündigt wurde auch der Mammut-Remix von der Beweis, das Video in dem alle Rapper erscheinen werden steht bis heute noch aus. Diese Vermarktungsoffensive scheit Früchte getragen zu haben, so lassen die hohen Trendchartsplatzierungen auf einen Charteinstieg in der Top10, evtl. sogar Top5 erwarten.

   


Musikalisch präsentiert sich das Werk sehr abwechslungsreich, die Beats sind allesamt hochwertig. Abwechslung bietet hier das durchgeknallte Brainwash, sowie kleine Gimmick-Cuts wie Borat auf Charisma oder die Stimme aus dem Film Beowulf auf Belloman. Was den Inhalt der Songs anbelangt findet man einen Themensong (Holiday Hoe), sowie einen Konzeptsong (Horrormusic), der Rest sind Battlesongs, ohne weiteren inhaltlichen Anspruch. Dass sich das auf Dauer als langweilig herausstellt war schon immer ein Problem, dass ich mit Kool Savas-Releases hatte (abgesehen von Tot oder Lebendig und Der Beste Tag Meines Lebens). Trotz allem sind vor allem die Savas-Parts auf einem teilweise schon unnormal hohen Niveau, man hört die lockere Herangehensweise eines Mixtapes. Die Features stellen sich als sehr durchwachsen heraus, als herausragend stellen sich die durchgedreht-positiven Kaas-Parts, Laas und Maeckes & Plan B heraus. Die bekannten Optik-Army-Mitglieder Amar, Ercandize und Caput bleiben auf ihrem schon seit Jahren mittelmäßigen Niveau, einzig Amar kann mich teilweise überzeugen. Auch die wieder oft gesungenen Hooks gehen wieder gut ins Ohr und setzen so den melidiösen Style von Optik fort. Alles in allem also ein solides Release, dass einen extrem hohen Unterhaltungswert bestitzt. Gerade Songs wie Brainwash oder das hervorragende Letzeee Go mit Laas sind genau richtig zum durchdrehen mit den Homeboys und Flygirls. Einzig ein Rapper schafft es tatsächlich, dass einige, gerade der besseren Songs, mit seinen Beiträgen so zu verunstalten, dass sie sich vor Fremdschämen kaum anhören lassen. Ja, die Rede ist vom schon vielgescholtenen Sizzlac, aber ich kann nicht umhin auch hier auf die qualitativ unterirdisch schlechten Englischen Parts hinzuweisen. Die übertriebene Vortragsweise tut dann ihr übriges, dass sich der Finger unweigerlich zum Skipknopf bewegen muss. Schafft man es doch irgendwie über die Rapparts hinwegzuhören, präsentiert sich uns hier ein solides Album zum durchdrehen!

Was bleibt also als Fazit zu sagen? Dass der deutsche Rap, vor allem auf Grund der Verkaufszahlen sich in einer heiklen Situation befindet ist klar. Dass Rapper deshalb ihre Karrieren beenden/ihre Labels schließen ist schlimm, aber größtenteils kein großer Verlust. Letztendlich muss sich die Szene weiter entwickeln und neue Styles (er-)finden. Die drei betrachteten Releases machen deutlich wieviel Potential diese Szene hat, einen komplett eigenen Sound zu entwickeln oder auf etablierten Pfaden konsequent gute Musik zu droppen. Deutscher Rap ist nicht tot, sondern erlebt gerade eine Art Reinkarnation. Kreative Künstler, die für ihren Erfolg hart arbeiten, werden weiterhin gute Musik releasen und unsere Musik am Leben halten. Versprochen.

PS: Haltet Ausschau nach dem Tua-Release!

- heiligeremilius

Siehe auch:
Neopunk rettet Deutschrap? - Auftakt der Serie [Teil 1/3]
Marsimoto hilft Deutschrap! - Zweiter Teil der Serie [Teil 2/3]



Marsimoto hilft Deutschrap! - Zweiter Teil der Serie [Teil 2/3]


HipHop is dead? Mein Dad ist HipHop!


Treffend formuliert von Newcomer Marteria aka Marsimoto. Nachdem wir uns im ersten Teil der Serie über das Status Quo der deutschen Rapszene mit dem mehr als ordentlichen Album von Untergrundlegende Prinz Pi beschäftigt haben, unternimmt heute Marsimoto seinen Versuch deutschen Rap wiederzubeleben.


Rap-Nerds ist Marsimoto schon länger ein Begriff, das Erstlingswerk Halloziehnation fand große Aufmerksamkeit. Thematisch ein Konzeptalbum, dass sich durchgehend mit der fragwürdigen Sucht des Kiffens beschäftigt und dreist die hochgepitchte Stimme von Ami-Untergrundrapper Quasimoto aka Madlib klaut. Im Nachfolger Base Ventura wird unter dem normalen Ego Marteria gerappt und sich auch thematisch schon vielfältiger präsentiert. Von den HipHop-Medien für seinen außergewöhnlichen Stil, vor allem auch was die Beats angeht, gefeiert, mausert sich Marteria vom Insidertip zum aussichtsreichen Newcomer. Das sah auch Erfolgslabel Four Music, dass in der Vergangenheit für zahlreiche Nummer 1-Alben verantwortlich war. Marteria wird gesignt und kündigt das Release vom nächsten Marsimoto-Album Zu Zweit Allein für den 17.10.08 an. Überraschenderweise und zu meiner persönlichen Freude wird angekündigt, dass das Album uneingeschränkt ohne Zeilen zum Kiffen auskommt. Zu den Bitervorwürfen äußert er sich auf der HipHop.de-Podiumsdiskussion und steht dort sympathischerweise zu seinem offensichtlichen Vorbild bezüglich des Stimmeinsatzes. Letztendlich  sind diese Einflüsse für mich nicht ausschlaggebend, da mir die Werke von Quasimoto vorher nicht bekannt waren und Marsimoto es trotzdem geschafft hat einen eigenen Sound zu kreiren.  

Mit dem Release der Internetsingle Todesliste konnte Marteria dann die Aufmerksamkeit endgültig auf sich ziehen. Der Song stellt eine Abrechnung mit der deutschen Rapszene aus Sicht eines Internetusers dar und stellt sich durch das konsequente Namedropping als extrem polarisierend heraus. Nachdem auch dem letzten Hörer klar war, dass es sich nicht um einen Disstrack handelt wurde der Song weitgehend positiv aufgenommen. Auch hier gab es, ähnlich wie beim Prinz Pi Release von Schädelf***en, das Lied als Free-Download. Daumen hoch! Im weiteren Verlauf der Promotion gab es einen, mal mehr, mal weniger interessanten Videoblog, in dem jeder Song von Marteria vorgestellt wurde. Letztlich war die Promotion für ein Four-Music Release dann doch etwas dünn, was jedoch verständlich ist, da in diesen Zeiten wohl eher ungern Risiken mit einem Newcomer eingegangen werden.

Der Sound auf Zu Zweit Allein ist innovativ, trockene Beats mit teilweise elektronischen Einflüssen. Der Stil fällt mir schwer zu beschreiben, im Gesamten hat er jedoch einen hohen Wiedererkennungswert und bewegt sich haarscharf an der Grenze zur Eintönigkeit. Für Abwechslung sorgen hier Crash Dein Sound mit Deichkind (genau so klingt es auch) und dem oben zitierten Mein Dad ist HipHop, das einen sehr oldschooligen Flavour mit minimalistischen Elektrosounds verbindet. Der zuletzt genannte Song stellt eine großartige Liebeserklärung an unser aller Lieblingsmusik dar. In erste offizielle Singleauskopplung Stage Divin' rappen Marteria und Marsimoto zusammen. Ein weiterer Track zum feiern, der optimal auf den Sound des Albums vorbereitet.



Zwar handelt es sich um ein offizielles Marsimoto-Release, trotzdem kommen die knochentrockenen Marteria-Parts nicht zu kurz. Gerade dieser Wechsel steht perfekt im Einklang mit den Beats, gerade wenn die emotionslos hingerotzten Punchlines von Marteria kommen so hervorragend zur Geltung. Thematisch ist das Album extrem vielseitig angelegt, es geht von der Liebe (?) zu übergewichtigen Frauen (Keine Isst XXL Version), zum eigenen Heißhunger nach dem weiblichen Geschlecht (Hunger) bishin zu hässlichen Neureichen, die man nur hassen kann (Reich und Hässlich). Alle Themen werden mit viel Humor umgesetzt und sogar tiefergehende Tracks wie LMS (Lidl Miss Sunshine) schaffen den Balanceakt zwischen guter Unterhaltung und sinnvoller Message. Ein Highlight ist für mich Insel der Legenden, dass das, eventuell schon aus Simpsons bekannte, Konzept von einer einsamen Insel auf der alle berühmten, toten Persönlichkeiten ihr dasein fristen, umsetzt. Weiterhin hervorzuheben ist Modern Stalking, dass die Geschichte eines krankhaften Stalkers aus der Ich-Perspektive erzählt, eine hervorragende Umsetzung. Die (Rap-)Features von Deichkind, Olli Banjo und Sido fügen sich hervorragend ins Gesamtkonzept ein, gerade Deichkind schaffen es, dem Lied ihren Stempel aufzudrücken.

Dein Sound ist schuld am Krieg im Irak

Nach Prinz Pi schafft es also auch Marsimoto mit seinem Release mehr als zu überzeugen. Two down, one to go, das finale wird John Bello Story II von Kool Savas behandeln. Schafft es der Routinier sich in die Reihe der hervorragenden Releases einzureihen? Watch out...

- heiligeremilius


Siehe auch:

Neopunk rettet Deutschrap? - Auftakt der Serie [Teil 1/3]

Neopunk rettet Deutschrap? - Auftakt der Serie [Teil 1/3]

Deutscher Rap beendet seine Karriere titelt HipHop.de, MixeryRawDeluxe.tv fühlt sich berufen über das Status Quo der deutschen Szene zu diskutieren. Die gesamte Internetbasis (die im übrigen kein repräsentatives Spiegelbild des deutschen HipHops darstellt) schwankt zwischen zynischem Galgenhumor, zaghafter Hoffnung auf eine Selbstreinigung und einfaches Totschweigen. Tatsächlich sprechen die zurzeitigen Fakten nicht unbedingt für einen erfolgreichen Fortbestand des HipHop-Geschäfts - vor allem in kommerzieller Sicht. Dabei steht natürlich außer Frage, dass die Musik an sich bestehen bleibt und wir auch weiterhin in den Genuss von qualitativ hochwertigem deutschen Rap kommen werden. Da sind sich ausnahmslos alle einig. Auuch wenn es an konkreten Zukunftsaussichten noch fehlt, wagen sich immmer mehr Künstler in neue Gefilde, vor allem was das Vermarkten ihres Produktes anbelangt.
Es brodelt also, viele Künstler wehren sich gegen die negativen Entwicklungen und drängen sich mit kreativen (musikalischen) Konzepten auf.  In dieser Serie werden drei Werke eben solcher Künstler, auch mit Blick auf die Marketingideen, unter die Lupe genommen. Der erste Teil wird sich mit der Untergrundlegende Prinz Pi und seinem erstmals majorunterstützten Album Neopunk beschäftigen. Im zweiten Teil folgt Newcomer Marsimoto mit Zu zweit Allein, der dritte und letzte Teil wird mit dem Routinier Kool Savas und seiner John Bello Story abschließen. Also drei unterschiedliche Künstler, mit einem unterschiedlichen Status in der Szene.

Bei Prinz Pi muss ich zuerst immer an eine Episode denken, als ich ihn nach einem Konzert im ziemlich betrunkenen Zustand am Merchandise-Stand getroffen habe. Der Prinz reagierte etwas verärgert über meine Meinung, dass mir die alten Werke deutlich besser gefallen als sein damalig aktuelles Album Donnerwetter. Ich hätte mich mit der künstlerischen Entwicklung abzufinden und solle mir nicht immer die alten Zeiten zurückwünschen. Die Meinung ist durchaus nachvollziehbar, für einen Künstler ist es sicherlich nicht einfach, wenn ein Hörer seiner persönlichen Entwicklung nicht folgen kann oder will. Trotzdem begeistern mich die alten Sachen immer noch, da sie einfach, rough und spontan klingen. Dass er diesen Flavor nie wieder erreichen wird, ist logisch nachvollziehbar, aber vor allem unter Berücksichtigung der damaligen Textinhalte teilweise wünschenswert. Das Album Donnerwetter klang für mich auf langen Strecken gerade thematisch sehr gezwungen, als wolle man möglichst viele Themen abdecken. Die musikalische Untermalung war damals schon hochqualitativ von Biztram in Szene gesetzt, und unter der Masse an Songs konnte ich auch einige Highlights für mich entdecken. Das Gesamtwerk wirkte auf mich aber zu glatt, überproduziert, als wolle man zu hohen Ansprüchen gerecht werden.



Gerade deshalb war meine Interesse seit Bekanntgabe der ersten Details zum neuesten Werk erneut geweckt. Alleine der Name Neopunk und die Pressetexte/Blogeinträge ließen hoffen, dass man sich von Konventionen gelöst hat und neue, experimentelle Pfade beschritten hat. Einen ersten Eindruck konnte ich auf dem Splash-Auftritt am Donnerstagabend auf dem Red-Bull Bus gewinnen. Pi spielte die erste Single Gib dem Affen Zucker, die sich live als energetisch mitreißend herausstellte und mit dem elektronisch-beeinflussten, relativ simplen Beat eine erste Richtung für das Album vorgab. Dementsprechend enttäuscht war ich von dem Video-Release, auf der einfach nicht die Energie vermittelt wird, die beim Liveauftritt erzeugt wurde. Der Beat ist zwar nach wie vor gut eingängig, Pi's Rapstil erweist sich dann aber als doch zu monoton. Diese Kritik kam von mehreren Seiten und wurde sich wohl zu Herzen genommen, kurz darauf folgte nämlich noch eine Live-Version der Videosingle, die das tatsächliche Potential des Songs zu Tage bringt.

Zuvor gab es quasi als Vorabsingle das extravagante Video zu Schädelfi**en, welches sich
auch teilweise harte Kritik gefallen lassen musste. Sehr positiv ist hierbei, dass man sich den Song immernoch kostenlos auf der Artistpage in voller Länge auf no-peanuts.com herunterladen kann. Auch das Pre-Listening auf Myspace, auf dass ich im gestrigen Beitrag schon eingegangen bin, halte ich für eine zukunftsfähige Marketingmaßnahme.

Das Album wird vom druckvollen Super Seiajin eröffnet, Pi's Flow ist sofort fesselnd. Ein typisches Intro, Repräsentieren und auf das Album vorbereiten. Das gelingt, der Beat ist bezeichnend für den elektronisch-experimentellen Sound der sich durch das gesamte Album zieht:

Pi ist wie der Hot-Button, irgendwann schlägt er zu.

Insgesamt ist der Soundteppich von Biztram hervorragend, neu aber trotzdem eingängig. Viele, die Angst vor einem musikalisch zu großem Experiment hatten, können beruhigt sein, die Beats bleiben immer HipHop, jedoch mit verschiedenen Einflüssen. Während 8-Bit Untergrund mit knallharten Drums eine gewisse Oldschool-Note hat, bietet Nerdhymne abgespacete Computersounds. Textlich bewegt sich das Album von typischen HipHop-Tracks wie 8-Bit Untergund, über einfallsreiche Thementracks wie 2030 oder Schläferstündchen zu vollkommen abgedrehten Ausflügen wie Mein Blut oder das hervorragende Schlag die Faust mit Casper. Prinz Pi schafft es diese Vielfalt homogen zu verbinden, so dass sich bei mir nicht diese gezwungene Albumstimmung einstellt wie beim Erstlingswerk Donnerwetter. Hervorzuheben sind Nerdhymne, dass jedem, in dem ein kleiner Nerd steckt, das Herz höher schlagen lässt. Das schlägt auch nochmal bei dem genialen Mario Kart-Cut in Affen an die Macht. In 2030 geht Prinz Pi das Thema Zukunftsvisionen auf eine ganz neue Art und Weise an und kann dem so schon etwas abgedroschenen Thema einen völlig neuen Aspekt abgewinnen. Kritisch äußert er sich in Schläferstündchen und dem plakativen Wir bleiben Anti. Hier besteht, wie oft bei Prinz Pi die Gefahr der Aneinanderreihung von populistisch anmutenden Aussagen:

Ich hab noch einen Koffer in Berlin, der steht am Hauptbahnhof am Gleis 2. Darin ist kein Sprengstoff, kein Nitroglyzerin,sondern ein Zettel  Freiheit ByeBye

Jedoch sind solche Textpassagen viel seltener zu finden, als auf früheren thematisch ähnlichen Tracks. Insgesamt wirkt Pi auf mich befreiter und auch nicht mehr ganz so elitär wir auf den letzten Releases. Das Selbstvertrauen hat er trotzdem nicht verloren:

Um euch zu ärgern wurd ich einst auf diese Erde gesetzt, euer Glaube an Jesus hat mich in der Ehre verletzt

-heiligeremilius
 
 

 

Kanye West - Heartless New Single [Download]

Mit der Single wird es glaube ich langsam klarer wie sich das neue Album anhören wird. Ich finde das großartig, ist wohl aber Geschmackssache. Letztendlich sollte man das ganze wohl als Konzeptalbum ansehen, das nächste Album soll ja dann schon im Juni kommen.
 



Langsam gehn mir die Kanye West - Beiträge schon selbst auf die Nerven, aber das Lied ist einfach wieder zu gut. Gefunden bei PlayMuzikk!

-heiligeremilius

 

Baader-Meinhof-Komplex - Die RAF verfilmt

Am Wochenende hatte ich endlich die Gelegenheit wohl das deutsche Film-Highlight des Jahres zu sehen: Der Baader-Meinhof-Komplex. Basis hierfür ist das gleichnamige Standardwerk von Stefan Aust, dass sehr detailliert versucht, die Geschichte der RAF aufzuarbeiten.
Warum wurde dieser Film überhaupt gedreht? Der Zeitpunkt ist günstig, die Ereignisse jähren sich zum 40. Mal (geht man von dem Kaufhausbrand aus). Das gesamte Thema befindet sich seit geraumer Zeit im Fokus der Öffentlichkeit: Zeitungsartikel, Dokumentationen, Buch(wieder-)veröffentlichungen.

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Der Anspruch des Regisseurs und der Produzenten, war ein für alle Mal den Mythos zu entglorifizieren und das Geschehene filmisch darzustellen. Bei früheren Verfilmungen wurde oft moniert, dass den Tätern zu viel Sympathie entgegengebracht wurde.
Im Zentrum des Films stehen die drei bekanntesten Figuren des Terrors Ulrike Meinhof (Martina Gedeck), Andreas Baader (Moritz Bleibtreu) und Gudrun Enslin (Johanna Wokalek). Alle drei überzeugen (sowie alle anderen Schauspieler) mit ihrer schauspielerischen Leistung. Auch werden die Persönlichkeiten der drei Mitgründer der Roten Armee Fraktion sehr gut dargestellt. Baader wird als der egozentrische Unsympath dargestellt, der er wohl wirklich war. Auch sein in der letzen Konsequenz fehlenden Rückgrat wird deutlich, hätte jedoch noch deutlicher herausgearbeitet werden können. Gerade während des Hungerstreiks soll Baader wohl der am wenigsten standhafteste gewesen sein. Der Konflikt der Drei während der Haft wird verständlich umgesetzt und auch, dass Baader und Enslin die führenden Köpfe waren, Meinhof eine eher untergeordnete Rolle spielte. Auch die anderen wichtigen Charaktere werden gut dargestellt, jedoch ist es oft schwierig diese überhaupt zu identifizieren.



Den Film zu sehen ist sehr chaotisch, viele Szenen werden ohne, dass man den direkten Zusammenhang zunächst erkennt, aneinandergereiht. Ohne Hintergrundwissen ist es glaube Ich nicht möglich, alle Details zu erkennen, höchstens der Kernhandlung zu folgen. Gerade die Rolle der Regierung wird anscheinend völlig willkürlich eingeflochten, die Brisanz ihrer Handlungen wird überhaupt nicht deutlich. Proteste gegen die Rasterfahndung oder die Notstandsgesetze werden überhaupt nicht behandelt.  

Geteilt ist die Meinung, ob es gelungen ist die Geschichte der RAF objektiv darzustellen. Viele sind der Meinung, dass die Charaktere immer noch als zu sympathisch dargestellt werden, viele sehen immer noch die Gefahr des Verständnis für die terroristischen Anschläge der RAF. Dies beruht vor allem auf die drastische Darstellung der Staatsgewalt zu Anfang des Films und der Haftbedingungen (Isolationshaft, Zwangsernährung). Letztendlich muss der Film diese Begebenheiten auf diese Weise darstellen, sonst müsste er sich den Vorwurf der subjektiven Einseitigkeit gefallen lassen.

Meine Sympathie konnten die Mitglieder der RAF nicht gewinnen, viel mehr wurden sie für mich als der chaotische Verein dargestellt, für die ich sie auch zuvor gehalten habe. Die Faszination die von dieser Gruppierung ausgeht, besteht für mich eher darin, dass es tatsächlich funktioniert hat. Aus einer (durchaus gerechtfertigten) Protestbewegung konnten ein paar extrem-denkende, charismatische Figuren ausbrechen und ein gesamtes Land in Atem halten. Es ist schon verrückt zu sehen, wie die Gruppe in einer fast schon Klassenfahrt-ähnlichen Stimmung nach Jordanien in ein Ausbildungscamp fährt und sich dort mit schweren Waffen für einen Stadtguerrilla-Kampf ausbilden lässt.


Nachdem Ich den Film gesehen hatte, stellte sich mir zuerst folgende Frage: Was hat mir das gebracht? Da ich mich mit dem Thema schon vorher ausführlich auseinandergesetzt habe, konnte ich hier keine neuen Details erfahren bzw. Zusammenhänge besser verstehen. Für jemanden der keine bzw. fast keine Vorkenntnisse besitzt und dies mit diesem Film ändern will, dem würde ich davon dringend abraten. Viel besser und vor allem emotionsfreier sind hier diverse Dokumentationen und Nachschlagwerke. Der Film erfüllt seinen Sinn darin, dass er den Menschen Zugang zu einem empfindlichen Thema der deutschen Geschichte bietet, den eventuell aufkommenden Wissensdurst aber sicherlich nicht stillen kann. Jedoch motiviert er vielleicht sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen, bei mir hat er zum Beispiel ausgelöst, einzelne Begebenheiten nochmals nachzulesen. Verweisen möchte ich hier noch einmal auf die wirklich sehr interessante und aufschlussreiche Dokumentantion Die RAF, die letztes Jahr in der ARD lief. Wer also da noch irgendwie rankommt sollte sich das nicht entgehen lassen!

-heiligeremilius