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Donnerstag, 6. November 2008

Baader-Meinhof-Komplex - Die RAF verfilmt

Am Wochenende hatte ich endlich die Gelegenheit wohl das deutsche Film-Highlight des Jahres zu sehen: Der Baader-Meinhof-Komplex. Basis hierfür ist das gleichnamige Standardwerk von Stefan Aust, dass sehr detailliert versucht, die Geschichte der RAF aufzuarbeiten.
Warum wurde dieser Film überhaupt gedreht? Der Zeitpunkt ist günstig, die Ereignisse jähren sich zum 40. Mal (geht man von dem Kaufhausbrand aus). Das gesamte Thema befindet sich seit geraumer Zeit im Fokus der Öffentlichkeit: Zeitungsartikel, Dokumentationen, Buch(wieder-)veröffentlichungen.

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Der Anspruch des Regisseurs und der Produzenten, war ein für alle Mal den Mythos zu entglorifizieren und das Geschehene filmisch darzustellen. Bei früheren Verfilmungen wurde oft moniert, dass den Tätern zu viel Sympathie entgegengebracht wurde.
Im Zentrum des Films stehen die drei bekanntesten Figuren des Terrors Ulrike Meinhof (Martina Gedeck), Andreas Baader (Moritz Bleibtreu) und Gudrun Enslin (Johanna Wokalek). Alle drei überzeugen (sowie alle anderen Schauspieler) mit ihrer schauspielerischen Leistung. Auch werden die Persönlichkeiten der drei Mitgründer der Roten Armee Fraktion sehr gut dargestellt. Baader wird als der egozentrische Unsympath dargestellt, der er wohl wirklich war. Auch sein in der letzen Konsequenz fehlenden Rückgrat wird deutlich, hätte jedoch noch deutlicher herausgearbeitet werden können. Gerade während des Hungerstreiks soll Baader wohl der am wenigsten standhafteste gewesen sein. Der Konflikt der Drei während der Haft wird verständlich umgesetzt und auch, dass Baader und Enslin die führenden Köpfe waren, Meinhof eine eher untergeordnete Rolle spielte. Auch die anderen wichtigen Charaktere werden gut dargestellt, jedoch ist es oft schwierig diese überhaupt zu identifizieren.



Den Film zu sehen ist sehr chaotisch, viele Szenen werden ohne, dass man den direkten Zusammenhang zunächst erkennt, aneinandergereiht. Ohne Hintergrundwissen ist es glaube Ich nicht möglich, alle Details zu erkennen, höchstens der Kernhandlung zu folgen. Gerade die Rolle der Regierung wird anscheinend völlig willkürlich eingeflochten, die Brisanz ihrer Handlungen wird überhaupt nicht deutlich. Proteste gegen die Rasterfahndung oder die Notstandsgesetze werden überhaupt nicht behandelt.  

Geteilt ist die Meinung, ob es gelungen ist die Geschichte der RAF objektiv darzustellen. Viele sind der Meinung, dass die Charaktere immer noch als zu sympathisch dargestellt werden, viele sehen immer noch die Gefahr des Verständnis für die terroristischen Anschläge der RAF. Dies beruht vor allem auf die drastische Darstellung der Staatsgewalt zu Anfang des Films und der Haftbedingungen (Isolationshaft, Zwangsernährung). Letztendlich muss der Film diese Begebenheiten auf diese Weise darstellen, sonst müsste er sich den Vorwurf der subjektiven Einseitigkeit gefallen lassen.

Meine Sympathie konnten die Mitglieder der RAF nicht gewinnen, viel mehr wurden sie für mich als der chaotische Verein dargestellt, für die ich sie auch zuvor gehalten habe. Die Faszination die von dieser Gruppierung ausgeht, besteht für mich eher darin, dass es tatsächlich funktioniert hat. Aus einer (durchaus gerechtfertigten) Protestbewegung konnten ein paar extrem-denkende, charismatische Figuren ausbrechen und ein gesamtes Land in Atem halten. Es ist schon verrückt zu sehen, wie die Gruppe in einer fast schon Klassenfahrt-ähnlichen Stimmung nach Jordanien in ein Ausbildungscamp fährt und sich dort mit schweren Waffen für einen Stadtguerrilla-Kampf ausbilden lässt.


Nachdem Ich den Film gesehen hatte, stellte sich mir zuerst folgende Frage: Was hat mir das gebracht? Da ich mich mit dem Thema schon vorher ausführlich auseinandergesetzt habe, konnte ich hier keine neuen Details erfahren bzw. Zusammenhänge besser verstehen. Für jemanden der keine bzw. fast keine Vorkenntnisse besitzt und dies mit diesem Film ändern will, dem würde ich davon dringend abraten. Viel besser und vor allem emotionsfreier sind hier diverse Dokumentationen und Nachschlagwerke. Der Film erfüllt seinen Sinn darin, dass er den Menschen Zugang zu einem empfindlichen Thema der deutschen Geschichte bietet, den eventuell aufkommenden Wissensdurst aber sicherlich nicht stillen kann. Jedoch motiviert er vielleicht sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen, bei mir hat er zum Beispiel ausgelöst, einzelne Begebenheiten nochmals nachzulesen. Verweisen möchte ich hier noch einmal auf die wirklich sehr interessante und aufschlussreiche Dokumentantion Die RAF, die letztes Jahr in der ARD lief. Wer also da noch irgendwie rankommt sollte sich das nicht entgehen lassen!

-heiligeremilius
 

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